Kategorie: Prosa
In Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlichte Kurzgeschichten, Essays und sonstige Texte.
Johann Seidl, Autor und Existenzialist zwischen Urknall und Erlösung
WetCoin
In der SF/crime noir-Story „WetCoin“ muss sich Detective Arthur Cole mit den Auswirkungen einer ausbeuterischen Kryptogeld-Technologie der Zukunft auseinandersetzen!
Auszug aus der Story:
Einen mit allen schmutzigen Wassern gewaschenen Privatdetektiv kann so schnell nichts erschüttern – selbst wenn er sich für einen lukrativen Ermittlungsauftrag ein Neuroimplantat einsetzen lassen muss.
… Als Arthur die Neuro-App im inferioren temporalen Gyrus der äußeren Hirnrinde mental aktivierte, bemerkte er sofort – gar nichts. Er hatte keine Offenbarung erwartet, zumindest aber eine Art geistiges Wetterleuchten. Aber nichts dergleichen geschah. Immerhin auch nichts Schlimmeres. WetCoin weiterlesen
Johann Wolfgang von Goethe, Naturwissenschaftler
Auszug aus dem Essay:
„Dichter und Naturforscher – dieser Zuschreibung hätte der Herr Geheimrat vielleicht widersprochen, sah er sich doch mitunter zuerst als – im Ursprungsinne – querdenkenden Wissenschaftler und erst danach als Poeten.
Das zumindest überliefert uns Johann Peter Eckermann in seiner Niederschrift der „Gespräche mit Goethe“ 1836: „Auf alles, was ich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts ein […]. Dass ich aber in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der Einzige bin, der das Rechte weiß, darauf tue ich mir etwas zugute. Johann Wolfgang von Goethe, Naturwissenschaftler weiterlesen
Das Geheimnis
Auszug aus der Kurzgeschichte
Urkan sammelte Steine. Eigentlich sammelte er alles, wenn es denn Bilder in sich trug und hart und dauerhaft genug war, um in seiner Galerie in der Felsnische die Jahreszeiten überdauern zu können. Der junge Jäger sah in allem Möglichen Bilder von Vögeln, Pferden oder Mammuts und erkannte in Hölzern und Steinen Frauen und Männer.
Die Jäger seines Stammes stichelten gutmütig: Das Geheimnis weiterlesen
Homaqi
Als E-Book schon verfügbar:
7 Millionen Tage in der Zukunft –
A Collection of Future & Space Fiction Stories
mit meiner Kurzgeschichte „Homaqi“ – eine Science-Fiction Story über die ferne Zukunft der Menschheit.
Auszug aus der SF-Shortstory „Homaqi“:
Die Gärtnerin schwamm dem diffusen Licht zu, wo unter dem dünnen Eis des Südpols und umspült vom warmen, mineralstoffreichen Wasser der hydrothermalen Schlote die Kulturen der Genossenschaft gediehen. Homaqi weiterlesen
Tut mir leid Frosch, aber das kann ich nicht tun!
Auszug aus der SF-Shortstory:
„Königstochter, jüngste, mach mir auf!“
Stille.
„Hallo Königstochter, hörst du mich …?“
Weiterhin lautes Schweigen von der anderen Seite der Tür.
Da wurde der Frosch ärgerlich und rief mit erhobener Stimme:
„Hallo Königstochter, hörst du mich … Hörst du mich, Königstocher?“
Nichts rührte sich.
Der Frosch atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Und zum wiederholten Male setzte er an:
„Kannst du mich hören, Königstochter … Hallo, Königstochter, hörst du mich?“
…
Da ertönte eine melodische Stimme aus dem OFF:
„Jawohl, Frosch, ich höre dich!“ …
Tut mir leid Frosch, aber das kann ich nicht tun! weiterlesen
Kurzgeschichte „Büchel“
„Karl liegt neben mir und schläft. Friedlich, leise lächelnd. Nur der Kopf mit dem unzähmbaren Haarschopf schaut aus seinem Schlafsack heraus. Wie entspannt seine Gesichtszüge sind! Er schläft den Schlaf des Gerechten, buchstäblich! Karl ist unschuldig und arglos, so lauter und unbedarft wie ein Kind. Aber Karl ist kein Kind. Karl ist fast dreißig. Er hat ein großes Herz und Bärenkräfte, aber den Verstand eines Siebenjährigen. Diagnose: mittelgradige Intelligenzminderung, ICD10 – F71. Ich weiß das, denn ich kenne mich damit ein bisschen aus. Nicht weil ich Psychiater wäre, nein, ich bin Physiker! …“
→ veröffentlicht in der Anthologie »Diagnose F – Science Fiction trifft Psyche«
Nominierung von Anthologie und Herausgeber für den renommierten Kurd-Lasswitz-Preis 2021!
Wild Red № 42
Auszug aus der Kurzgeschichte
»Britannien, frohlocke, du nennst ihn dein Eigen,
vor dem Europas Bühnen sich verneigen.
Nicht einer Zeit gehört er, sondern allen Zeiten!«
(Ben Jonson, 1623)
Als Will in der Tür des Rusty Outpost erschien und die gut gefüllte Bar mit einem unverbindlich freundlichen Blick, aber unverkennbar wachen Auges auf einen freien Platz durchmusterte, wusste ich sofort, dass mir dieser Abend lange im Gedächtnis bleiben würde.
Celeste hatte mir gerade in ihrer unvergleichlichen Art mein zweites Bier derart unwirsch auf den Tisch gestellt, dass die Blume, weiß wie die Supernova eines Blauen Riesen, quer über den Tisch spritzte und mich, ohne dass ich den Krug hätte heben müssen, vom würzigen Hausbräu kosten ließ.
»Wahrscheinlich stimmt ihr Umsatz heute nicht«, dachte ich bei mir, und meine zwei Bier in einer knappen Stunde würden ihre Kasse wahrlich auch nicht heller klingeln lassen. Zumal der Ausschank schnöden Gerstensafts ja auch nicht wirklich ihr Job war und sie nur einspringen musste, weil die zickigen autonomen Bierbrunnen gerade mal wieder gehackt worden waren und alle am Tisch vom OO´Klaak festhingen, um ihm über seine fünf rosa Rüssel eine ekstatische Bierdusche zu verabreichen.
veröffentlicht in:
Das Alien tanzt im Schlaraffenland –
Schmackhafte SF und Fantastik aus einem hungrigen Universum
Hinterhof
Auszug aus der Kurzgeschichte:
„Ich berühre das Fenster und blicke in den Hof. Die Zeit läuft: Da sind Menschen, verschwommen wie in Langzeitbelichtung, Bäume, im Wind zu breiten, grünen Flächen verweht – das Rot der Trümmer teils verwaschen.
Ich nehme die Hand vom Glas. Stopp. Echtzeit.
Rechts öffnet eine eingestürzte Fassade den Blick in den Himmel und zu den alten Pappeln im Park nebenan. Balken ragen aus dem urbanen Geröll wie die Finger eines Verschütteten. Licht fällt in den Hinterhof. Frauen sortieren die noch brauchbaren roten Ziegel für die Weiterverwertung, Bettlaken blähen sich auf improvisierten Wäscheleinen, ein alter Mann sitzt auf den Steinen und schaukelt einen Kinderwagen – es ist Kriegsende, Wiederaufbau, Juni ’47 …“ Hinterhof weiterlesen